Messerschmitt AG.
Augsburg
Geschwindigkeitsmessungen an
Flugzeuge mit sonderbehandelten
und serienmässigen Oberflächen
 Versuchs-Bericht
 Nr.
109 11 L 42
 Date 9.7.42
 Ausfertigung 3
 Abt. Flugerprobung
 Gruppe
Leistung

 
Anlass:Es sollte untersucht werden, ob durch eine Sonderbehandlung (Spachteln, Schleifen, Sonderlack) der gesamten Flugzeugoberfläche, im Rahmen einer Serienfertigung eine Verbesserung der Fluggeschwindigkeit gegenüber normal behandelten Serienmaschinen erzielt wird
 
Versuch-
durchführung
:
Der Serienfertigung der Wiener-Neustäder-Flugzeugwerke wurden 4 normale und 4 sonderbehandelte 109 G 2 Maschinen entnommen. Mit diesen wurden von einem Augsburger Pilot über der Wiener-Neustädter Messtrecke Stoppflüge durchgeführt.
 
Ergebnis:Auf Normaltag und 250 m Höhe bei einem Ladedruck von 1,30 kg/cm2 und einen mittleren Gebläsedruck von 1,80 kg/cm2 bezogen ergibt sich eine durchschnittliche Geschwindigkeit der vier sonderbehandelten Maschinen von 527 km/h, der vier Serienmaschinen von 519 km/h.
 
 Durch Sonderbehandlung der Oberfläche lässt sich also ein durchschnittlicher Geschwindigkeitszuwachs von 8 km/h erreichen.
 
 Bei der Nachprüfung der Stoppstrecke ist noch eine geringe Änderung der Absolutwerte zu erwarten.

FlugFlugzeuge:
Werk nr.
Kennzeichen;Motors:
Werk Nr.
Prüfstands-
leistung Ps
Luftschraube
 
  3,513 438      CC + ZM 77 265  13.15539
  213 439      CC + ZN76 861  13.16288
  1,413 440      CC + ZO76 854  13.16798
  613 442      CC + ZQ76 875  13.15429
  713 448      BC + VK25 562  13.16836
  813 496      BC + VS25 554132213.17406
  10,1113 500      BC + VW25 516128315.4538  
  913 506      BJ + WC26 592128315.4518  

Motor: DB 605 A     Werk Nr. Siehe oben.
 
Luftschraube:3-flg. VDM-Verstellschraube
D = 3,0 Werk Nr. Siehe oben

Oberfläche:Serienmaschinen: Flieglack 7122(Probe)
 
 Sondermaschinen:
 W.Nr. 13 438Spachtel 198,Flieglack 7109
 W.Nr. 13 439Spachtel Decklack 199
 W.Nr. 13 440Spachtel Decklack 199 (Probe)
 W.Nr. 13 442Spachtel Decklack 199
  Nach Fertigstellung oben und unten mit Isolierlack IS 238.
 Farbennersteller (Warnecke u.Böhm)
Auftragverfahren siehe Reisebericht v. Herrn Hagg vom 23.10.41 (Spachteln, Ziehen Scheifen, Spritzen)

Zustand d.
Flugzeuges
:
G2 Serie, mit Eindrahtantenne, ohne Fahrwerksrestabdeckung, ohne Druckanlage. Bei allen Flügen Aussenluftthermometer auf der rechten Flügeloberseite in 2/3 der Flügeltiefe; bei den Flügen 1 bis 6 und 9 Kühlerklappenanzeigestäbe (435 mm lang, 8 mm Ø) in Mitte Kühlerklappe angebracht. Die Wasserkühler waren während den Messungen von Hand Geschlossen, d.h. der Einlauf betrug entsprechend der F-Kinematik 54 mm, während der Auslauf auf 35 mm aufgedrückt wurde.
 
Pilot:Schmid
 
Tag der
Fluge:
1.7 – 6.7.42
 
Versuchs-
durchführung
:
Die Flüge wurden über der Weiner-Neustädter Stoppstrecke durchgeführt. Auf einem Einweisungsflug wurden dem Piloten und Beobachter die Einzelnen Punkte der Stoppstrecke vorgeführt. Die Beiden Strecken liegen unter einem Winkel von 46° zueinander (erstrebenswert 90°)
Die Anflugstrecke 1 führt über einen grossen Teil der Stadt, während die Stoppunkte Unterführung Wöllerdorferstraße und Überführung Steinabrücklerstr. recht gut auszumachen sind. Die Strecke führt 6700 m an der Bahn vorbei über freie Wiesen. Die Anflugstrecke 2 überquert eine kleine Siedlung während Anflugstrecke 3 wieder über die Stadt führt. Als Endpunkt der 7200 m langen Strecke 3 and der Pottendorfer Bahnlinie entlang dient eine sehr langgezogene Bahngabel hinter der eine Hochspannung in 20 m Höhe die Messtrecke senkrecht kreuzt. Diese ist naturgemäss auch beim Anflug der Strecke 4 störend. Auf Grund dieser Tatsachen lässt sich eine Messung nicht mit der Genauigkeit durchführen, wie sie z.B. auf der Augsberger Stoppstrecke erreicht wird. Besonders ungünstig ließ sich die Bahngabel stoppen, sodass hier die Gefahr einer Fehlmessung nicht von der Hand zu weisen ist, zumal bei Auftragung sämtlicher Windkreise die Tendenz festzustellen war, die Strecke 3 und 4 schneller zu Durchfliegen als die Strecke 1 und 2. Leider liessen sich Protokolle über Vermessung der Strecken oder Messtischblätter zur Prüfung der tatsächlichen Länge überflogen Strecken nicht einsehen. Trotzdem haben diese Momente keinen Einfluss auf die Genauigkeit des geschwindigkeitsvergleiches. Die Absolutewerte sind jedoch mit einer Toleranz von schätzungsweise 7 km/h zu versehen. Im nächsten Bericht werden sich, nachdem die Stoppstrecke von aus vermessen ist, die genauen Werte angaben lassen.
Die Flüge wurden durch Höhen- Fahrt- Lade- und Gebläsedruckschreiber überwacht.

Ergebnis:FlugVwVnVnkBemerkung
    2520517520Lack leicht rissig
    3518526529Böig
    4514525528
    5517526529Wiederholung v.3
    6520525528
 
    7514515518
    8520519519
    9517520520
  10517515518

  Vw stellt die wahre Geschwindigkeit am Messtag in Messhöhe mit der wirklichen Motorleistung dar, während Vn die Geschwindigkeit am Normaltag in 250 m Höhe bei 1,30 kg/cm2 Lade- und 1,80 kd/cm Gebläsedruck darstellt. Bei Vnk ist der durch die Kühlerstäbe verursachte Geschwindigkeitsverlust von 3 km/h berücksichtigt.

Als durchschnittliche Vergleichswerte erhält man bei sonderbehandelten Maschinen 527 km/h in 250 m Höhe, 520 km/h in 0 m Höhe. Die entsprechenden Werte der Serienmässigen Maschinen liegen bei 519 km/h und 512 km/h. Der Geschwindigkeitszuwachs beträgt damit durchschnittlich 8 km/h.

Die Bearbeitung der Sonderoberfläche erfordert nach Auskunft von Herrn Werksleiter Bauer WNF gegenüber der Serienoberfläche eine längere Arbeitszeit von 107 Std. die sich auf 60 Stunden herabdrücken lassen. Jedoch sind, um die taktmässige Herstellung nicht zu unterbrechen, umfangreiche Vorrichtungen notwendig. Zur mehrstündigen Trocknung müssen Heißvorrichtungen entwickelt werden, um die Maschinen unter dem Hallendach zu trocknen. Aus Platzmangel wäre eine andere Lösung dieses Problems nicht möglich.

Unserer Meinung nach ist der Geschwindigkeitsgewinn nicht so sehr durch die Lackaufbringung als vielmehr durch Spachtelung und anderwertige Sonderbehandlung, die eine Nicht-Serienmaschine immer erfährt, hervorgerufen worden. Siehe beiliegende Lackproben. Diese zeigen keinen merklichen Oberflächenunterschied.

 
Augsburg, den 15.7.42
FEV/EK/Go.
 
  Messerschmitt AG. Flugerprobung.     Gruppe:   Leistungen.            Bearb: Karstedt

Siehe Tafel nach vorstehendem Verfahren auf die Grundausführung umgerechnet. (Zusammenstellung aller Leistungsmessungen umgerechnet auf Grundausführung, 14.1.44).
Speed measurements on airplanes with specially treated and standard production surfaces

WWII Aircraft Performance   Me 109 G Flight Tests